Posts Tagged ‘Tod’

Tapeten und Analphabeten

29. April 2010

Der schlechte Einfluss des Dandys, behaupten wir mal, der, von allen verlassen und im Sterben begriffen, mit Blick auf eine Tapete, die er verabscheute, noch die Großmäuligkeit besaß zu murmeln: „Entweder verschwindet diese Tapete oder ich.“

Und der dann verschwand.
S. 498

„Und schreiben sie unbedingt in Druckschrift! Ich bin Analphabet!“
S. 513

Aber der Autor sträubt sich. Er hat sich Taxifahrer, Familienfeiern, Briefbomben, Jetlags, Schlaflosigkeiten, Fluchten, verpatzte Wettbewerbe, schlammige Baustellen, eine Valium-/Kalium-Morphiumspritze, Friedhöfe, Asche, Kabarettschließungen, eine Abteiruine, Entsagungen, Lossagungen, Brüche, zwei Overdosen, eine Abtreibung, Prellungen, zu viele Aufzählungen, Gerichtsentscheide und sogar hysterische Koreanerinnen angetan. Er sehnt sich nach etwas Gras. Pardon. Grün.
S. 530

Dem wahren Reiter die Beine und Hände, dem Machtlosen die Gerte.
S. 544

Aus
Gavalda, Anna:
Alles Glück kommt nie : Roman / Aus dem Frz von Ina Kronberger. – München : Hanser, 2008. – 604 S.
Originaltitel: La Consolante
ISBN 978-3-446-23057-6

Leselust – Regierungsfrust

5. März 2010

[…] und sie dachte vom Lesen das Gleiche wie manche Schriftsteller vom Schreiben, dass man es nämlich unmöglich nicht tun konnte […]
S. 46

„Kann es eine größere Freude geben“, vertraute sie ihrem Tischnachbar an, dem kanadischen Außenhandelsminister, „als auf eine Autorin zu stoßen, die einem gefällt, und dann herauszufinden, dass sie nicht bloß ein oder zwei Bücher, sondern mindestens ein Dutzend geschrieben hat?“
S. 65

Wer könnte da widersprechen? Ich sag nur Terry Pratchett (auch wenn der keine Autorin ist), Rebecca Gablé und und und …

Schließlich ging ihr auf, dass Norman aus irgendeinem Grund schmollte, ein Benehmen, das sie selten antraf, höchstens bei kleinen Kindern oder Ministern ihres Kabinetts.
S. 100

„[…] Das Gute daran ist immerhin, nun ein Alter erreicht zu haben, in dem sich sterben lässt, ohne dass die Menschen allzu schockiert sein müssten.“
S. 105

Aus
Benett, Alan:
Die souveräne Leserin / Aus dem Engl. von Ingo Herzke. – 3. Aufl. – Berlin : Wagenbach, 2008. – 114 S.
Originaltitel: The Uncommon Reader
ISBN 978-3-8031-1254-5

Wer hat am Hungertuch genagt?

17. Februar 2010

„Ihr wollt wieder heiraten?“ „So es nach meinem Vater ginge.“ […] „Ihr werdet Euch nach seinen Wünschen richten!“, knurrte er. „Wie ich mich immer nach den Wünschen derer richte, die allein durch Stand und höheres Wissen mir überlegen sind, Pater.“
S. 37 f.

„Es ist das Hungertuch, ehrwürdiger Vater. Bruder Ludger hat mich geheißen, es hervorzuholen, um es vor der Fastenzeit zu glätten, damit es den Altar ordentlich verhüllt. Aber dann habe ich gesehen, dass die Fäden ganz locker waren. Ich meine, das ist doch nicht meine Schuld! Die Mäuse haben das Hungertuch angenagt.“ Er fügte aufgebracht hinzu: „Das sieht man doch an den Kötteln!“ „Junge, du bist für deinen unersättlichen Hunger bekannt! Das sieht man auch!“, raunzte ihn Pater Ivo an. „Aber doch nicht das Tuch, Pater Ivo!“
S. 59

„>Wehe dem, der alleine ist, wenn er fällt! Dann ist kein anderer da, der ihm aufhilft!< Hat der Prediger gesagt!“Nur einen Wimpernschlag lang zögerte Pater Ivo, dann schoss er zurück: „>Und ich fand, bitterer als der Tod ist eine Frau, die ein Fangnetz ist<, das hat er auch gesagt, Begine. Die barmherzige Mutter schütze Euch dennoch und bewache Eure Wege, denn damit habt ihr mein drittes Problem gelöst – endlich habe ich einen passenden Predigttext für diese vermaled… diese Brautmesse am Sonntag!“
S. 78

Aus
Schacht, Andrea:
Die elfte Jungfrau : Roman. – 6. Aufl. – München : Blanvalet, 2007. – 559 S.
(Begine-Almut-Reihe ; Bd. 4)
ISBN 978-3-442-36780-1

Gestörter Sinn für die Realität

10. Januar 2010

„Deshalb bin ich nicht Soldat geworden. Es war nie mein Wunsch, jemanden zu töten.“
S. 22

„Ah“, sagte er, „du bist ebenfalls ein Geist.“ „Gut beobachtet.“ „Der Kopf unter deinem Arm – er gab mir einen Hinweis“, entgegnete Verence, zufrieden mit sich selbst.
S. 24

„Wenn ich deine Bereitschaft hätte kaufen müssen – dann wärst du den Preis nicht wert gewesen.“
S. 51

„Gib es zu: Die Hexe bot dir hedonistische und unzüchtige Vergnügen an, die nur den Liebhabern der fleischlichen Künste bekannt sind. Habe ich recht?“ Der Feldwebel stand stramm und blickte starr geradeaus. „Nein, Herr“, sagte er, wie jemand, der sich ungeachtet aller Konsequenzen der Wahrheit stellte. „Sie bot mir ein Brötchen an.“
S. 61

„Aber er jagte nur Bösewichter. Er meinte immer, sie fänden Gefallen daran. Und er ließ sie laufen, wenn sie sich wirklich Mühe gaben, ihm zu entkommen“
S. 72

Überall in der Stadt schlugen Stundengongs, und Nachtwächter verkündeten, daß es tatsächlich Mitternacht war. Sie bewiesen einen ziemlich gestörten Sinn für die Realität, indem sie hinzufügten, alles sei in bester Ordnung. Einige von ihnen brachten den Satz zu Ende, bevor man sie niederschlug.
S. 222

Ungeduldig wartete sie auf seine Rückkehr, damit sie sich darauf freuen konnte, ihn nie wiederzusehen.
S. 268

Aus
Pratchett, Terry:
MacBest : ein Roman von der bizarren Scheibenwelt / Aus dem Engl. von Andreas Brandhorst. – 6. Aufl. – München [u.a.] : Piper, 2008. – 351 S.
Originaltitel: Wyrd Sisters
ISBN 978-3-492-28508-7

Jeder Tag ist ein Geschenk

14. November 2009

„[…] Now, imagine that you’ve won a contest, and your prize is that every morning a bank will open an account in your name containig eighty-six thousand four hundred dollars. And there are only two rules you must follow: The first rule is that everything you fail to spend is taken from you that night. You can’t cheat, you can’t switch the unspent money to another account: you can only spend it. But when you wake next morning, and every morning after that, the bank opens a new account for you, always eighty-six thousand four hundred dollars, for the day. Rule number two: the bank can brake off the game without warning. It can tell you at any time that it’s over, that it’s closing the account and there won’t be another one. Now, what would you do?

[…]

„[…] But what does this game prove?“
She answered, „We all have that magic bank account: it’s time. A big account, filled with fleeting seconds. Every morning when we wake up, our account for the day is credited with eighty-six thousand four hundred seconds, and when we go to sleep every night, there’s no carryover into the next day. What hasn’t been lived during the day is lost; yesterday has vanished. Every morning the magic begins again, with a new line of credit of eighty-six thousand four hundred seconds. And don’t forget: we’re still playing by that rule. The bank can close our account at any time and without any warning. At any moment, life can end. So what do we do with our daily ration of eighty-six thousand four hundred seconds? […]“
S. 194 f.

Aus
Levy, Marc:
If It Only Were True. – New York [u.a.] : Pocket-Books, 2000. – 213 S.
ISBN 0-7434-0617-6

Undenkbar?

22. Oktober 2009

Dieses Buch ist mir das liebste auf der Welt, aber gelesen hab‘ ich es noch nie.
S. 5

Und was, wenn ein schönes Großstadtmädchen ihm in die Augen stach, während sie hier vor sich hin welkte? Oder, noch schlimmer, wenn er nach Amerika käme, seine Jobs erledigte, seine Farm baute, und ihr Bett zimmerte und sie nachkommen ließe, und wenn sie dann käme, würde er sie anschauen und sagen: „Fahr wieder zurück, das Geflenne hat deine Augen verdorben und das Selbstmitleid deine Haut, du siehst aus wie eine Schlampe; ich heirate ein Indianermädchen; sie wohnt in einem Tipi in der Nähe und ist immer in bester Form.“
S. 62

So gingen seine Sätze immer: Heute regnet es, und ich liebe dich. Meine Erkältung ist besser geworden, und ich liebe dich. Grüß Pferd von mir, und ich liebe dich.
S. 64

„Sag ihm, er selbst sieht auch ganz gut aus“, gab der Prinz zurück. „Wir habe gerade den Wunderheiler gewechselt“, sagte die Königin, „das erklärt, warum es ihm besser geht.“
S.75

Dies ist die Handlung: Die Königin Bella packt den größten Teil ihrer Garderobe ein (11 Seiten) und reist nach Guldern (2 Seiten). In Guldern packt sie aus (5 Seiten) dann überbringt sie die Einladung an die Prinzessin Norena (1 Seite). Prinzessin Norena nimmt an (1 Seite). Dann packt die Prinzessin alle ihre Kleider und Hüte ein (23 Seiten), und die Prinzessin und die Königin reisen gemeinsam nach Florin […], wo der Prinzessin ihre Gemächer gezeigt werden (½ Seite), und dann packt sie alle Kleider und Hüte aus, die wir sie eben vor eineinhalb Seiten haben einpacken sehen (12 Seiten).
Eine unbegreifliche Passage. Ich habe mit Professor Bongornio von der Columbia-University gesprochen […] und er sagte, dies sei das köstlichste satirische Kapitel in dem ganzen Buch; Morgenstern gehe es offenbar darum, zu zeigen, daß, obwohl Florin sich für weitaus zivilisierter hielt als Guldern, in Wahrheit doch Guldern die feinere Lebensart besaß, was sich an der quantitativen und qualitativen Überlegenheit seiner Damengarderobe erweise.
S. 77 f.

„Ich bin dein Prinz, und du musst mich heiraten“, sagte Prinz Humperdinck.
„Ich bin Eure Dienerin und lehne ab“, flüsterte Butterblume.
„Ich bin der Prinz, und du kannst nicht ablehnen.“
„Ich bin Eure sehr ergebene Dienerin, und ich habe abgelehnt.“
„Weigerung bedeutet Tod.“
„Dann tötet mich.“
„Ich bin der Prinz und so übel doch auch wieder nicht – wieso willst du lieber tot sein als mit mir verheiratet?“
S. 83

„Undenkbar“, explodierte der Sizilianer. Fezzik riskierte nie Streit mit dem Buckligen. „Ich bin so blöd“, nickte Fezzik, „Inigo hat nicht verloren, er hat den Schwarzen besiegt. Und um das zu beweisen, hat er seine schwarzen Kleider und die Maske und die Kapuze und die Stiefel angezogen und achtzig Pfund zugenommen.“
S. 139

Aus
Goldmann, William:
Die Brautprinzessin : S. Morgensterns klassische Erzählung von wahrer Liebe und edlen Abenteuern , die Ausg. der „spannenden Teile“/ Gekürzt und bearb. von William Goldmann. Aus dem Amerikan. übers. Von Wolfgang Krege. – Frankfurt am Main [u.a.] : Büchergilde Gutenberg, 1995. – 323 S.
Orginaltitel: The princess bride
ISBN 3-7632-4428-X

Die Kurzhosengang

19. Oktober 2009

Nach und nach lernte ich Dinge über Land und Leute, die zwar in jedem Lexikon stehen mögen … doch diese Lexika hatte ich bisher nie gelesen.
S. 9

Sie ist neunzehn und das schönste Mädchen von ganz Kanada. Jeder von uns will sie mindestens zweimal heiraten.
S. 18

Papa verschwand, als ich acht war, und Rudolpho meinte, Außerirdische hätten ihn entführt und würden ihn erst in hundert Jahren wieder zurückbringen, und Snickers meinte, Papa war in Wirklichkeit ein berühmter Geheimagent mit einer geheimen Mission, der abhauen musste, und zwar nach Russland oder so, aber Zement meinte, nee, das wäre ganz anders gewesen, Papa war nicht Geheimagent sonder Außerirdischer, der von Geheimagenten entführt wurde, weil sie verhindern wollten, dass die Erde besetzt wurde oder so, und das stimmt bestimmt, sagte Zement.
S. 66

Aus
[Drvenkar, Zoran]:
Die Kurzhosengang / Victor Caspak; Yves Lanois. Aus dem kanad. Engl. mit Anmerkungen von Andreas Steinhöfel. – Hamburg : Carlsen, 2004. – 207 S. : Ill.
[angeblicher] Orginaltitel: The mysterious adventures of the short ones
ISBN 3-551-55328-9

Zuverlässigkeit von Immunsystemen

29. Juli 2009

Er starb in Folge eines eigentlich harmlosen grippalen Infektes, der sein geschwächtes Immunsystem überfordert hatte (ein Ereignis, das meine grundsätzlichen Zweifel an der Zuverlässigkeit von Immunsystemen noch vertiefte).
S. 15

Danzelot: „Ich sterbe mein Sohn.“
Ich (mit den Tränen ringend, sprachlos): „Huh …“
Danzelot: Ich bin weit entfernt, das aus fatalistischen Motiven oder philosophischer Altersmilde gutzuheißen […]“
S. 15

Aus
Moers, Walter:
Die Stadt der Träumenden Bücher : ein Roman aus Zamonien von Hildegunst von Mythenmetz. – München : Piper, 2004, 455 S. : Ill.
ISBN 3-492-04549-9

Das Licht der Phantasie

11. Juli 2009

Aus dem Sammelband: Die Magie der Scheibenwelt von Terry Pratchett:

(1) Seine Absicht bestand ganz einfach darin, Berichte glaubwürdiger zu machen. Wenn es zum Beispiel in einer Legende von einem kühnen Helden hieß, „alle bewunderten seine Tapferkeit“, so fügte jeder Barde, dem etwas an seinem Leben lag, hastig hinzu: „Bis auf einige Leute in seinem Heimatdorf, die ihn für einen Aufschneider hielten, und viele andere Leute, die noch nie etwas von ihm gehört hatten.“
S. 302

(2) Es ist unmöglich, mit einem Baum zu sprechen, überlegte Rincewind. Wenn ich anfange, mich mit Bäumen zu unterhalten, bin ich verrückt. Und da ich nicht verrückt bin, können Bäume nicht reden.
S.309
Baum

(3) „Äh“, machte Galder, „wiederhol deine letzten Worte bitte. Sonst wird die Scheibenwelt … was?“
„VERNICHTET“, sagte Tod.“KANN ICH JETZT GEHEN? ICH HAB MEIN GLAS GLÜHWEIN STEHEN LASSEN.“
S. 321

(4) Kurz gesagt Grauhalt Spold weiß, daß ihm der Tod irgendwann einen unerfreulichen Besuch abstatten wird, und er hat die letzten Jahre damit verbracht, ein absolut sicheres Versteck vorzubereiten.
Als er sicher ist, nichts vergessen zu haben, klettert er in die Kiste – sie weist übrigens große Ähnlichkeit mit einem Sarg auf – betätigt das Uhrwerk des Schlosses und macht es sich in der festen Überzeugung gemütlich, bestens vor dem gefährlichsten seiner Feinde geschützt zu sein. Erst als er zu keuchen beginnt, merkt er, wie wichtig Luftlöcher bei solchen Unternehmungen sind.
S. 346 f.

(5) „Habe ich das alles richtig mitgekriegt? Wir sprechen vom Tod, oder? Hochgewachsen, dürr, um nicht zu sagen knochig, leere Augenhöhlen, hat viel für Sensen übrig?“
Ysabell seufzte. „Ja. Ich fürchte, sein Aussehen spricht gegen ihn.“
S. 415

(6) Rincewind betrachtet die Flüssigkeit in der Tasse. […] wenn er sie jetzt trank, brachte er Tausende von unschuldigen Bakterien um.
S. 518

(7) „Du scheinst recht nett und freundlich zu sein, Herr. Ja, du bist genau der Mann, zu dem man Vertrauen haben kann. Und daher zögere ich nicht, dir reinen Wein einzuschenken.“
„Weißen oder roten?“ fragte Zweiblum und leckte sich die Lippen.
S. 523

Der Winterschmied

26. Juni 2009

Aus dem Scheibenweltroman von Terry Pratchett:

Fräulein Tick seufzte. Geschichten, dachte sie. Oma Wetterwachs glaubt, die Welt dreht sich nur um Geschichten. Na schön, jeder von uns hat seinen Tick. Nur ich nicht.
S. 98

„Übermorgen sterbe ich. Am Freitag, kurz vor halb sieben Uhr morgens.“
Es war eine eindrucksvolle Bemerkung, die die folgende Antwort nicht verdiente: „Oh, wie schade, dass du das Wochenende verpasst“, sagte Rob Irgendwer.
S. 106

„Ist Poker ein Glücksspiel?“, fragte Tiffany. „Mein Vater meint, man sollte sich nicht auf Glücksspiele einlassen.“
Fräulein Verrat nickte. „Ein guter Rat, meine Liebe. Keine Sorge. So wie ich Poker spiele, hat Glück überhaupt nichts damit zu tun …“
S. 149

Kleine Schummelei

Kleine Schummelei




„Ein dickes Buch.“
„Dies hier heißt Prinzipien moderner Buchführung„, sagte Billy skeptisch.
„Un‘ das is‘ ’n großes heroisches Buch zum Lesen?“
S. 380

Den ganzen Morgen über las er die Prinzipien moderner Buchführung, aber um es interessanter zu machen, dichtete er einen Menge Drachen hinzu.
S. 380