Posts Tagged ‘Frau’

Wer hat am Hungertuch genagt?

17. Februar 2010

„Ihr wollt wieder heiraten?“ „So es nach meinem Vater ginge.“ […] „Ihr werdet Euch nach seinen Wünschen richten!“, knurrte er. „Wie ich mich immer nach den Wünschen derer richte, die allein durch Stand und höheres Wissen mir überlegen sind, Pater.“
S. 37 f.

„Es ist das Hungertuch, ehrwürdiger Vater. Bruder Ludger hat mich geheißen, es hervorzuholen, um es vor der Fastenzeit zu glätten, damit es den Altar ordentlich verhüllt. Aber dann habe ich gesehen, dass die Fäden ganz locker waren. Ich meine, das ist doch nicht meine Schuld! Die Mäuse haben das Hungertuch angenagt.“ Er fügte aufgebracht hinzu: „Das sieht man doch an den Kötteln!“ „Junge, du bist für deinen unersättlichen Hunger bekannt! Das sieht man auch!“, raunzte ihn Pater Ivo an. „Aber doch nicht das Tuch, Pater Ivo!“
S. 59

„>Wehe dem, der alleine ist, wenn er fällt! Dann ist kein anderer da, der ihm aufhilft!< Hat der Prediger gesagt!“Nur einen Wimpernschlag lang zögerte Pater Ivo, dann schoss er zurück: „>Und ich fand, bitterer als der Tod ist eine Frau, die ein Fangnetz ist<, das hat er auch gesagt, Begine. Die barmherzige Mutter schütze Euch dennoch und bewache Eure Wege, denn damit habt ihr mein drittes Problem gelöst – endlich habe ich einen passenden Predigttext für diese vermaled… diese Brautmesse am Sonntag!“
S. 78

Aus
Schacht, Andrea:
Die elfte Jungfrau : Roman. – 6. Aufl. – München : Blanvalet, 2007. – 559 S.
(Begine-Almut-Reihe ; Bd. 4)
ISBN 978-3-442-36780-1

Kleiner Austausch von Nettigkeiten

11. Februar 2010

„Könnt ihr nicht leiser sein, Mädchen? Ihr wisst doch, ich schlafe so schlecht!“, jammerte sie. „Schon gut, Clara, wir haben nur ein paar Meuchelmörder vor deiner Tür verscheucht.“ „Das ist ja nett von euch, aber müsst ihr dabei solchen Krawall machen?“ „Nein das haben wir nur getan, um dich zu ärgern.“
S. 158

„Nun bin ich nicht einmal mehr Weib, noch Begine, sondern nur eine Kreatur, was? Oh, dass ich ein Mann wäre …“ „… dann, Begine?“ „Ich würde Euer Herz auf dem Marktplatz essen!“ Gero von Bachem gab ein Glucksen von sich und warf ein: „Worte, eines großen Dichters würdig!“ Doch es war Pater Ivo, der schlicht bemerkte: „Dann ist es ja gut, dass Ihr auch kein Mann seid, Begine.“
S. 380

Aus
Schacht, Andrea:
Die Sünde aber gebiert den Tod : Roman. – München : Blanvalet, 2007. – 381 S.
(Begine-Almut-Reihe ; Bd. 3)
ISBN 978-3-442-36628-6

8 Frauen, 8 Geschichten

17. September 2009


Schmitt, Eric-Emmanuel:
Odette Toulemonde und andere Geschichten / Aus dem Frz. von Inés Koebel. – Zürich : Ammann, 2007. – 233 S.
Orginaltitel: Odette Toulemonde et autres histoires
ISBN 978-3-250-60108-1

Nach 25 Jahren wird Aimee Faverat von ihrem verheirateten Liebhaber verlassen. In Geldnot geraten, bittet sie ihn um Hilfe. Er rät ihr sein Geschenk, einen echten Picasso, zu verkaufen. Doch die enttäuschte Frau glaubt dem potentiellen Käufer, dass es sich hierbei um eine Fälschung handelt und vermietet stattdessen ein Zimmer. Als sie an Krebs erkrankt, ist das eine Erlösung für die lebensmüde Aimee. Für ihre japanische Mieterin ist es jedoch eine Tragödie. Als die mitfühlende Japanerin Aimee rät mit allen Mittel gegen die Krankheit zu kämpfen, ist diese verärgert und will sich rächen. Von der Welt enttäuscht, will auch sie enttäuschen. Und so vererbt die desillusionierte Geliebte der Mieterin den Picasso. Der Japanerin sagt sie, er wäre echt, selbst glaubt sie jedoch nicht daran.
40 Jahre später wird sich die UNICEF-Botschafterin, eine der reichsten Frauen Japans, an Aimee, als die Frau erinnern, die ihr den Glauben an die Menschen und die finanziellen Mittel gab, die ihr ihr humanitäres Engagement ermöglichten.

Sieben weitere berührende Frauenschiksale hat Eric-Emmanuel Schmitt in diesem Band versammelt. Dass er von ihnen erzählt und sie nicht selbst erzählen lässt, schafft eine gewisse Distanz. Die Frauen sind nicht immer sympathisch. Und doch so verschieden die Frauen und ihre Geschichten auch sind am Ende jeder Geschichte kann man sich eines Schauers nicht erwähren.

Einen Eindruck vom Inhalt und den Kriterien für die Zusammenstellung dieses Bandes gibt schon das vorangestellte Zitat von Romain Gary wieder: „… all diese Blumensträuße, die nach einem Herzen suchen und nur eine Vase finden.“

Diese wunderschönen, berührenden und nachdenklich stimmenden Kurzgeschichten sind absolut zu empfehlen.