Die langweiligste Art zu sterben


Wieninger, Manfred:
Falsches Spiel mit Marek Miert : Roman. – Orig.-Ausg. – Reinbek : Rowohlt-Taschenbuch-Verl., 2001. – 123 S.
ISBN 3-499-22893-9.

In diesem Pseudokrimi wird erst ermittelt und am Ende gemordet. Nun ja, das stimmt nicht ganz, möglicherweise ist der Leser schon vor dem Ende des Romans vor Langeweile gestorben.
Schon die Geschichte ist reichlich abstrus. Der arbeitslose Privatdetektiv Marek Miert sitzt in Harland, einer Stadt in der Nähe von Wien, im Café und fragt sich, was an diesem Tag anders ist als an den vorangegangenen. Da wird er von einem alten Mann angesprochen, der mit begangenen Verbrechen in der Nazizeit prahlt und Miert beauftragt herauszufinden, wer sein Gesprächspartner wirklich ist. Jetzt hat der Detektiv einen Fall, doch der ist ihm nicht genug. Er sucht sich selbst noch einen. Die Frage, was an diesem Tag anders ist, was fehlt, muss noch beantwortet werden. Die Antwort: ein Irrer fehlt. Ein Verrückter der mit Kapitänsmütze und Haarfön im Anschlag Tempomessungen per Laserpistole imitiert. Wo ist er? Marek Miert macht sich auf die Suche. Dabei gelangt er ganz nebenbei und widerrechtlich in den Besitz eines „Schiele“, eines Kunstwerks im Wert einer Flotte von zwanzig mittleren Mercedes-Benz-Karossen, es könnten auch dreißig sein. Bald erfährt die Polizei davon. Doch die Polizisten, die bei ihm auftauchen, handeln nicht nur im Auftrag des Staates sondern auch in dem des Kunstsammlers (oder -räubers?) Franz Schmidt jnr. Hinzu kommen ein paar Ausflüge zum Harlander Mühlbach, wo er im Auftrag des Landesfischereirates Wasserdiebe unter den Besitzern der an den Bach anliegenden Gärten ausfindig machen soll. Der Detektiv ermittelt je nach Lust und Laune mal in diesem Fall, mal in jenem. Mit den Ergebnissen sieht es eher mau aus. Völlig daneben liegt Miert mit der für den Leser nicht nachvollziehbaren Vermutung eine Blondine, die er während seiner Mühlbachexpedition bei der Ausübung des ältesten Gewerbes der Welt beobachtet hat, habe den verrückten Tempomesser mit Haarfön ermordet. Dieser taucht zum Schluss ganz unversehrt wieder auf und setzt seine Tätigkeit, wie gewohnt, fort. Marek Miert ist ein gescheiterter Antiheld vom Anfang bis zum Ende des Buches, denn nicht einmal den Leser kann er auf seine Seite ziehen. Seine Gefühle und Gedanken gibt er nicht oder nur in merkwürdigen Vergleichen preis. Wie soll man da die Schlüsse aus seinen Ermittlungen nachvollziehen können? Man versteht ja nicht ein Mal warum er gerade tut, was er tut. Wenn er uns schon dieses Warum verschweigt, hätte er uns nicht auch das Was ersparen können? Gnadenlos ausführlich beschreibt er, was er tut. Beobachten ist wohl das Einzige, was er, der sich selbst als „Schlangenäugigen“ bezeichnet, kann – leider zu gut. Was interessiert den Leser der Weg des Detektivs zum Café, welche Straßen er „quert“, welche Rasen vertrocknet sind? Immer wieder zählt er Belanglosigkeiten auf, die man auch mit einem Oberbegriff hätte beschreiben können. Die Reihung der Begriffe ist austauschbar und erfährt keine Steigerung. Sie sind gleichwertig, sodass keine Pointe durch eine Nennung von gegensätzlichen oder wichtigen und bedeutungslosen Begriffen erzielt werden kann. Der Leser wird langsam eingeschläfert. Und dann diese seltsamen Vergleichen, die teilweise schon wieder ungewollt komisch anmuten, wie etwa „[…] aber diesmal stieg ich über den Zaun, wie ein Erzengel, der zum Gericht bläst.“ Da ist es nur ein kleines Manko, dass der in St. Pölten, der Stadt in die das im Buch noch eigenständige Harland eingemeindet wurde, lebende Philologe und Germanist Manfred Wieninger immer wieder österreichische Begriffe einstreut, die unter Nicht-Österreichern weniger bekannt sind.
Nach der Lektüre begreift man den Titel „Falsches Spiel mit Marek Miert“ in seiner ganzen Zweideutigkeit. Statt eines spannenden Krimis nur eine langweilige, völlig konfuse Story. Nicht nur Marek Miert, auch der Leser ist das Opfer.

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